Ein Bericht von Marco Gabelmann
Alljährlich findet im schottischen Fort William Anfang Mai die 6-Tage-Fahrt der Trialer statt. In diesem Jahr haben es von den vielen tausend Bewerbern lediglich 270 Fahrer in das „Jubiläums-Starterfeld“ geschafft. Unter ihnen sind für Deutschland der „Trial-Profi“ Jan Peters (3. der DM) und der letzte Serien-Trial-Meister der DDR Jens Hinrichs am Start.
Los geht es in diesem Jahr am 2. Mai und dauert dann bis zum 7. Mai an.
Dazu ein kleines Interwiev von Marco Gabelmann mit Jens und Jan:
Jens, wie kommt es, dass du nach so vielen Jahren wieder zum Trial gehst?
Ich bin mit dem Trial groß geworden und deshalb schlägt mein Herz immer noch für diesen Sport. Umso erfreulicher ist es für mich als „Mecklenburger“ Deutschland bei der 100. Jubiläumsveranstaltung vertreten zu dürfen.
Was für Chancen rechnest du dir aus und wie lief deine Vorbereitung ab?
Zu vergleichen ist diese Veranstaltung ja mit den Enduro-Six-Days, an welchen ich auch bereits zweimal teilgenommen habe – 6 Tage, 8 Stunden und 30 Sektionen pro Tag. Vielleicht sind die Six-Days in Schottland sogar noch etwas härter, da Trial-Motorräder keinen Sitz haben und ALLES im Stehen gefahren werden muss. Deswegen gilt für mich in erster Linie die Zielankunft. Die Vorbereitungen laufen schon seit einem Jahr auf Hochtouren. Da kam der Auftakt zur Enduro-LM in Wolgast Anfang März als „Fitnessüberprüfung“ genau richtig.
Ebenfalls für den MC-Rehna am Start ist Jan Peters. Janni, du bist ja bereits im letzten Jahr in Schottland am Start gewesen und hast die Wertung der „Armeefahrer“ gewonnen und warst am Ende sogar Gesamt-70. Wie siehst du deine Chancen in diesem Jahr und was ist das faszinierende an den SSDT?
Es kann einfach so viel passieren während dieser 6 Tage, deshalb kann ich eine Platzierung gar nicht voraussagen. Mein Ziel sind aber wieder die Top 100 und ein Traum wäre es natürlich unter die ersten 50 zu kommen. Schön wäre es auch, wenn man die Super-Stars mal ein wenig „ärgern“ könnte. So wie es im letzten Jahr der Fall war, als ich an einem Tag mit einem Punkt vor dem mehrfachen Vize-Weltmeister und derzeitigem Sherco Werksfahrer Albert Cabestany (Spanien) war. Das war der Hammer, so etwas ist nur in Schottland möglich!!!
Steht bei dir nach Schottland noch irgendein Riesen-Event auf dem Terminkalender??
Ja klar, im Juni geht es zum Erzberg, das wird wohl verdammt hart, aber bestimmt auch sehr aufregend und erlebnisreich.
Also gut, dann wünschen wir den beiden alles Gute und viel Erfolg!!!! ………
Los ging es für unsere Athleten gemeinsam mit Betreuer Matthias Hold am Freitagabend gegen 21 Uhr. Nach langer Autofahrt erreichten sie um ca. 6 Uhr am Samstagmorgen die Fähre in Dunkerque (Frankreich). Diese fuhr dann 2 Stunden lang in Richtung Dover (England). Genug Zeit für ein kleines Schläfchen…. Ungefähr 100 Autokilometer später, um ca. 10:30 Uhr unserer Zeit (9:30 Ortszeit) erreichten sie London und legten dort einen Zwischenstopp ein. Danach hieß es den letzten großen Abschnitt der Route zu bewältigen, es ging direkt nach Fort William (Schottland), was auch noch mal knapp 1000 Kilometer bedeutete. Schließlich waren die drei um ca. 18 Uhr Ortszeit (19 Uhr unserer Zeit) am Ziel angelangt. Nach dieser langen und kräfteraubenden Fahrt wollten alle zunächst nur eines, schlafen.
Sonntag - Abnahme
Am Sonntag, dem 1. Mai standen erstmal die Maschinenabnahme und die Anmeldung auf dem Plan. Tageshöhepunkt war allerdings die „Eröffnungs-Parade“ am Nachmittag. Diese fand bei schönstem Sonnenschein und Temperaturen um die 15 °C, was für Schottland zu dieser Jahreszeit eher selten ist, in der Innenstadt von Fort William statt. Tausende von Zuschauern sowie Fans ließen sich dieses Spektakel nicht entgehen …. Jan und Jens entschlossen sich außerdem dazu gemeinsam mit ihrem guten Freund Ewoud Lalkens (Niederlande) in der Teamwertung für das „Immerspitz Racing Team“ an den Start zu gehen. Topfavorit für den morgigen Tag ist der 12 fache Weltmeister und bereits 5-malige Schottlandsieger Dougie Lampkin (Großbritannien). Dann wollen wir mal sehen was der Montag so alles für Überraschungen bringt.
Oh, und was ich fast vergessen habe, für diejenigen, die nicht wissen, wie die Wertung beim Trial erfolgt, hier mal eine kleine Beschreibung: Gewertet wird beim Trial die Anzahl der Fehler in den sogenannten Sektionen (abgesteckte Strecken von einer Länge bis zu 100m), d.h. bei Absetzen eines Fußes 1 Fehlerpunkt; 2-maliges Absetzen 2 Fehlerpunkte; 3- o. mehrmaliges Absetzen 3 Fehlerpunkte; Sturz, verlassen der Sektion, Abwürgen des Motors mit Absetzen eines Fußes usw. 5 Strafpunkte. Dies ist dann auch die „Höchststrafe“ eines Trialers. Anders als beim normalen Trial wird beim SSDT noch nach „Non-Stop-Regeln“ gefahren, heißt so viel, dass Stillstand ebenfalls 5 Fehlerpunkte bringt. Sieger ist am Ende derjenige mit den wenigsten Fehlerpunkten. Bei Punktgleichheit entscheidet die größere Anzahl von „0-Fehler-Sektionen“, bei Gleichheit dieser dann die Mehrheit der “1-Fehler-Sektionen“, usw. Das ist dann auch „schon“ das Wichtigste.
1. Fahrtag Montag (2. Mai)
Heute wurde es dann „ernst“ für unsere Delegation des „Immerspitz Racing Teams“. Bei sonnigem Wetter startete der erste Fahrer um 8 Uhr, danach im Minutentakt je ein Weiterer. Jens, Jan und Ewoud waren so gegen Uhr (Ortszeit) an der Reihe. Durch den Sonnenschein und die milden Temperaturen angelockt, warteten bereits tausende Zuschauer an den Sektionen auf die Fahrer. Dies trug dazu bei, dass trotz der sehr schwierigen Sektionen, eine lockere Atmosphäre sowie gute Stimmung herrschte und viel Fahrspaß aufkam. Positiv zu bewerten war außerdem, dass die drei innerhalb der sehr knapp bemessenen Fahrzeit rechtzeitig und geschlossen als Team ins Ziel kamen.
Für Jan war es ein gelungener Auftakt, zwar waren die ersten Sektionen „sehr knackig“, so wie er sagt, aber als er dann endlich seinen Rhythmus gefunden hatte, kam er gut zum Fahren und heimste sogar den ein oder anderen Beifall ein. Er belegte in der Tageswertung den 70. Platz mit 36 Fehlerpunkten. Für Jens war der erste Tag mit seinen 30 Sektionen, in denen es zu 98 % Bachbetten, sowohl ohne als auch mit Wasser, rauf und runter ging sehr hart. Die vielen Sektionen und die enge Zeit forderten ihm alles ab. Aber als er erstmal in Fahrt gekommen war, konnte er auch das Tempo von Jan mitgehen. Natürlich hat es auch ihm einen Riesenspaß gemacht, auch wenn er einige Punkte mehr als Jan auf dem Konto hatte. Am Ende war er auf dem 247. Platz mit 97 Strafpunkten. Jens meint auch, dass man wegen den vielen langen Auf- und Abfahrten den Rundkurs und das Hammer-Gelände mit dem einer Enduro WM vergleichen müsse. Und unterm Strich ist er sehr zufrieden, was ja zählt.
An der Spitze liegen erwartungsgemäß die beiden GasGas-Fahrer Doug Lampkin und Michael Brown mit 0 Fehlerpunkten. Dicht gefolgt von Ian Austermuhle und Graham Jarvis mit je 1 Fehlerpunkt. Da die Startreihenfolge aufgrund der Tatsache, dass die Sektionen sich über den Tag stark verändern, täglich anders ist, also jeder mal früher und später startet, heißt es dann morgen „früh“ aufstehen, da die drei schon gegen 8 Uhr starten. Hoffentlich bleiben Mensch und Maschine dann auch morgen heil, so dass wieder „voll angegriffen werden kann“.
2. Fahrtag Dienstag 3. Mai
Für die beiden führenden der Enduro-Manschafts-LM war der heutige Tag eher durchwachsen. Sie starteten ja bereits gegen 8 Uhr und dann standen erstmal 50 km Straße auf dem Plan, denn es ging in die schottischen Highlands. Diese beinhalten sehr lange und tükische (Moor)passagen mit endurotypischem Charakter, in denen man Löcher und Gräben nicht sehen kann. Das ganze Abspringen über diese ist natürlich enorm kräftezehrend. Man versinkt auch gerne mal fast bis zu den Knien im Moor, wenn man nicht richtig aufpasst. Dazu kam, dass man dann auch „sehr durchgefroren und steif“ (Zitat von Jens) an den ersten Sektionen ankam. Diese waren heute schon „fahrbarer“ als die gestrigen. Durch die schottisch untypischen warmen Sonnenstrahlen wurde man allerdings schnell wieder „warm und geschmeidig“. Insgesamt sind den Fahrern heute in den 8 Stunden 160 km unter die Räder gekommen.
Jans Sicht „In den schweren Sektionen kam ich heute schon gut zum Fahren und konnte wieder einige Nuller einfahren, allerdings machte ich in den einfacheren Sektionen oft Flüchtigkeitsfehler, die sich am Ende natürlich summieren. So bin ich dann heute auf 32 Fehlerpunkte gekommen (Gesamt 70.). Spaß hat es bei diesem Traumwetter natürlich auch gemacht. Morgen werde ich dann wieder versuchen voll anzugreifen.“
Jens` Sicht „Auch wenn es heute wieder sehr hart war, kam ich schon besser in Fahrt als gestern. Dies spiegeln meine Punkte aber leider nicht so ganz wieder (Platz 246 mit insgesamt 198 Fehlern). Was mich aber wundert ist, dass die ganzen „alten schottischen Säcke“, die am Abend zuvor noch ne Flasche Whiskey trinken und morgens wie „Clarence“ gucken, in den Sektionen trotzdem überzeugen. Ich freue mich schon sehr auf morgen und hoffe, dass ich mich im Feld ein wenig nach vorne schieben kann.“ An der Spitze gab es heute einige kleine Veränderungen. Jetzt führt der Brite Michael Brown (2 Fehler) knapp vor Doug Lampkin (3 Fehler). Dicht gefolgt von dem Beta-Werksfahrer James Dabill (5 Fehler) und Ian Austermuhle mit ebenfalls 5 Fehlern. Morgen heißt es für die beiden dann erstmal ausschlafen und noch ein Tässchen Tee trinken, da sie erst in der letzten Startergruppe sind, also gegen 11 Uhr starten.
3. Fahrtag Mittwoch, 4. Mai
Heute war für Jan und Jens „großer“ Reparaturtag. Bei Jan fiel die Hinterradbremse aus, was in den Sektionen nicht allzu schlimm ist, jedoch gestalteten sich die Moordurchfahrten bei hohem Tempo doch sehr actionreich. Trotzdem lief es für ihn heute sehr gut. Er konnte mit sehr vielen Nullern und am Ende sogar nur 13 Fehlerpunkten glänzen. Das bedeutet, dass er nun im Gesamtklassement auf Platz 60 liegt. Jens musste seine Reifen und seine Kette wechseln. Aber auch er erzielte am heutigen Tag sein bisher bestes Ergebnis (87 Fehler). Für ihn bedeutet das in der Gesamtwertung knapp 5 Plätze nach vorn gekommen zu sein. Er liegt nun auf dem 243. Gesamtrang. Der bisher führende Brite Michael Brown leistete sich heute einen 5er und rutschte damit auf Platz 5 ab. Jetzt führt Doug Lampkin (4 Fehler) vor James Dabill (6 Fehler) und Graham Jarvis (7 Fehler). Hierbei kann man ganz deutlich sehen, wie eng es an der Spitze zugeht. Jede noch so kleine Unachtsamkeit wird sofort „bestraft“.
4. Fahrtag Donnerstag, 5. Mai
Heute setzte dann schließlich leider doch noch das schottlandtypische Regenwetter ein. Dieses verhärtete die Bedingungen natürlich noch mal. In Verbindung mit der Kälte und extrem langen Strecke (120 Meilen davon über 50 km Straße) wurde der heutige Tag der bislang schwierigste. Trotzdem lief es für Janni sehr gut. Er konnte mit nur 11 Fehlern 3 Plätze in der Gesamtwertung gutmachen und steht nun auf Platz 57. Jens stieß am heutigen Tag fast an seine Grenzen. Der Regen zusammen mit der Kälte, den langen Moorpassagen und kniffligen Sektionen zerrte doch sehr an seinen Kräften. Aber er kam trotz alledem gut in Fahrt, mit 86 Fehlerpunkten sein bisher bestes Ergebnis. Und so machte auch er wieder Plätze gut (Platz 237). An der Spitze setzt langsam das so genannte „Favoritensterben“ ein, denn auch Doug Lampkin leistete sich einen 5er, der ihn auf Platz 3 zurückwarf (insgesamt 9 Fehler). In Führung liegt jetzt der britische Beta-Werksfahrer James Dabill (7 Fehler) vor dem ehemaligen WM-Laufsieger Graham Jarvis (8 Fehler). Trotzdem ist auch hier noch alles offen.
5. Fahrtag Freitag, 06. Mai 2011
Heute war auch wieder Regen, Regen und nochmals Regen angesagt. Durch diesen wurde die ohnehin schon knapp bemessene Fahrzeit noch enger und einige Sektionen so schwer, dass sie schon fast „unfahrbar“ erschienen. Das machte sich auch punktemäßig stark bemerkbar. Jan kam heute auf 41 Fehlerpunkte und Jens sogar auf 102. Trotzdem machten beide wieder Plätze gut. Bei Janni waren es 2, er liegt nun auf dem 55. Platz. Jens` Ergebnis reichte aus um auf Platz 231 zu kommen, also 6 Plätze nach vorn. Für den Kampf um den Sieg fiel bereits heute eine maßgebliche Entscheidung. Der Brite Doug Lampkin verletzte sich bei einem 5er so, dass er am Abend gezwungen war auf Krücken zu laufen. Somit gibt es auf den Sieg einen Favoriten weniger. Zurzeit sieht es dann also ganz danach aus, dass James Dabill (9 Fehler) den Sieg holen wird. Denn „Grimbo“ (Graham Jarvis) kam heute auf 6 Fehlerpunkte (insgesamt 14) und fiel damit auf Platz 3, hinter Alexz Wigg (13 Fehler), zurück. Morgen steht dann der letzte Fahrtag der Six-Days an, mal sehen was er so alles bringt.
6. Fahrtag – Finale – Samstag, 07. Mai
Heute gab es für Jan noch mal eine Schrecksekunde, denn seine Kette riss und das oben im Hochmoor. Glücklicherweise genau am Kettenschloss, sodass er sie mit Hilfe von Jens und einem Reserve-Kettenschloss wieder reparieren konnte. Es regnete auch heute wieder, wodurch die ganze Sache natürlich nicht einfacher wurde. Jens und Jan kamen heute aber schon besser mit den Witterungsverhältnissen klar. Das sah man auch an ihren Fehlerpunkten. Bei Janni waren es 14, wodurch er Platz 52 in der Gesamtwertung erreichen konnte und bei Jens 93, was ihn letztendlich auf Platz 225 brachte. Der ebenfalls für`s „Immerspitz Racing Team“ startende Niederländer Ewoud Lalkens belegte am Ende Platz 162 mit 401 Fehlerpunkten. Jan kam insgesamt auf 147 Fehler und Jens auf 566. Den Sieg der Scottish Six Days holte sich dann „ganz still und heimlich“ erneut nach 2007 der Beta-Werksfahrer James Dabill (13 Fehler). Michael Brown machte seinem Ruf des „ewigen Vize“ wieder alle Ehre, er belegte mit 16 Fehlern Platz 2. Vorjahressieger Alexz Wigg (Neffe von Simon Wigg) verschenkte den 2. Platz durch einen 5er in der letzten Sektion und rutschte damit auf Rang 4 (19 Fehler) ab. Er landete hinter dem „Allround-Star“ Graham Jarvis (19 Fehler), welcher sich die Chance auf eine bessere Platzierung ebenfalls durch einen 5er in der letzten Sektion versaute.
Die komplette Ergebnisliste ist unter ssdt.org einzusehen.